Klagefrist im Kündigungsschutzprozess

Ein Arbeitsverhältnis kann aus unterschiedlichen Gründen sein Ende finden, sei es z.B. durch Ablauf des Befristungstermins oder gar durch die einseitige Erklärung des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers in Form einer Kündigung. Probleme und damit verbundene Streitigkeiten treten unter anderem immer dann auf, wenn eine der Vertragsparteien die Kündigungsfrist offen lässt oder gar eine Solche in der Kündigung falsch benennt oder der Arbeitnehmer auf der Grundlage des Kündigungsgrundes "unkündbar" ist. Im Falle einer Arbeitgeberkündigung regelt § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG), dass eine Solche innerhalb von 3 Wochen nach Zugang durch Klage beim Arbeitsgericht angegriffen werden muss. Versäumt der Arbeitnehmer diese Frist und liegen auch nicht die Voraussetzungen für eine nachträgliche Zulassung der (nunmehr) verspäteten Klage vor (§ 5 KSchG), fingiert § 7 KSchG, dass die (vormals/zuvor unwirksame) Kündigung von Anfang an rechtswirksam ist und demnach das Arbeitsverhältnis beendet.

Bisher galt auf der Grundlage einer Entscheidung des 2. Senats des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 15.12.2005- 2 AZR 148/05, BAG 116, 336), dass eine ordentliche Kündigungserklärung mit fehlerhafter Kündigungsfrist im Regelfall dahingehend ausgelegt werden kann, dass sie zum nächsten zulässigen Termin wirken soll und dass der Arbeitnehmer bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist auch außerhalb der fristgebundenen Klage, demnach also auch unter Nichteinhaltung der oben genannten Klagefrist von 3 Wochen, Kündigungsschutzklage mit dem Ziel der Feststellung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter konkreter Benennung der richtigen Kündigungsfrist erheben konnte, ohne dass die Fiktionswirkung des § 7 KSchG zur Anwendung gelangte.

Nach nunmehr vorliegenden neueren Entscheidungen des 6. Senats des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 22.07.2010 – 6 AZR 480/09) und des 5. Senats des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 1. 9. 2010- 5 AZR 700/09) muss davon ausgegangen werden, dass auch im Falle der fehlerhaft berechneten Kündigungsfrist und Angabe derer in der Kündigung des Arbeitgebers, die oben genannte Klagefrist des § 4 KSchG immer einzuhalten ist, da ansonsten die Kündigung gemäß § 7 KSchG rechtswirksam wird.

Sollte die vorgenannte Klagefrist vom Arbeitnehmer versäumt worden sein, bleibt letztendlich noch die Möglichkeit, im Rahmen einer anwaltlichen Beratung genau prüfen zu lassen, ob die vom Arbeitgeber erfolgte Kündigung aus anderen Gründen (zum Beispiel Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform) oder durch Auslegung in eine Kündigung unter Einhaltung der vertraglichen oder gar gesetzlichen Fristen ausgelegt werden kann oder gar die Voraussetzung für die Zulassung einer verspäteten (nunmehr) eingereichten Klage vorliegen.

Im Ergebnis kann daher gesagt werden, dass der Arbeitnehmer gegen die Kündigung des Arbeitgebers immer Kündigungsschutzklage unter Einhaltung der in § 4 KSchG genannten Klagefrist erheben muss, was unabhängig von der persönlichen und betrieblichen Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes und vom Unwirksamkeitsgrund gilt.

In den Fällen, in welchen der Arbeitnehmer lediglich die fehlende Schriftform oder gar den Zugang der Kündigung rügt, als auch in dem Fall, dass die Kündigungsfrist (fehlerhaft) nicht eingehalten wurde und sich die deshalb mit zu kurzer Frist erklärte Kündigung des Arbeitgebers in eine fristgerechte Kündigung auslegen lässt, besteht ausnahmsweise die Möglichkeit, eine nicht fristgebundene allgemeine Feststellungsklage gemäß § 46 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) i. V. m. § 256 ZPO zu erheben, was jedoch im konkreten Einzelfall durch einen Rechtsanwalt geprüft werden sollte.

Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben, sollten Sie daher die oben genannte Klagefrist von 3 Wochen immer einhalten, um jeglichen Risiko aus dem Weg zu gehen, dass die unwirksame Kündigung Ihres Arbeitgebers aufgrund der Regelungen in § 7 KSchG wirksam wird und Ihnen daher bereits durch Versäumung der Frist, jegliche weitere Verteidigung gegen die Kündigung, zum Beispiel wegen des Fehlens eines Kündigungsgrundes oder gar der Sozialwidrigkeit verwehrt ist.

Sollten Sie eine Kündigung erhalten haben, Ihr Arbeitgeber Ihnen den fälligen Lohn oder Gratifikationsleistungen (z.B. Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld) nicht gezahlt haben, die Herausgabe der Arbeitspapiere verweigert werden, eine Abrechnung Ihres Lohnes unterblieben sein, Sie eine Abmahnung erhalten haben oder gar sonstige Streitigkeiten aus Ihrem Arbeitsverhältnis bestehen, vertrete ich Sie als Rechtsanwalt in Oranienburg im Arbeitsrecht bei der zielgerichteten Durchsetzung Ihrer Ansprüche, sei es außergerichtlich oder gar vor Gericht durch z.B. zuvor erfolgter Einreichung einer Klage.

BAG News mit Bezug zur Kündigung von der Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts

Pressemitteilung Nr. 17/17

  Abgekürzte Kündigungsfrist in der Probezeit nur bei eindeutiger Vertragsgestaltung

Sieht der Arbeitsvertrag eine Probezeit von längstens sechs Monaten vor, kann das Arbeitsverhältnis gemäß § 622 Abs. 3 BGB ohne weitere Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Ist jedoch in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag in einer weiteren Klausel eine längere Kündigungsfrist festgelegt, ohne unmissverständlich deutlich zu machen, dass diese längere Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll, ist dies vom Arbeitnehmer regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon während der Probezeit nur mit der vereinbarten längeren Frist kündigen kann.

Der Kläger war ab April 2014 bei der Beklagten als Flugbegleiter beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag, den die Beklagte vorformuliert hatte, war in § 1 pauschal bestimmt, dass sich die Rechte und Pflichten der Parteien nach einem Manteltarifvertrag richten; dieser sah während der Probezeit besondere Kündigungsfristen vor. In § 3 des Arbeitsvertrags war unter der Überschrift „Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses“ vorgesehen, dass die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit gelten. In § 8 des Vertrags, der mit „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ überschrieben war, war ohne Bezugnahme auf § 1 oder § 3 des Vertrags festgelegt, dass eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende gelte. Am 5. September 2014 erhielt der Kläger eine Kündigung zum 20. September 2014. Er begehrt die Feststellung, das Arbeitsverhältnis habe erst mit Ablauf der in § 8 des Arbeitsvertrags vereinbarten Frist und damit zum 31. Oktober 2014 geendet. Aus dem Vertrag ergebe sich nicht, dass innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses eine kürzere Kündigungsfrist gelten solle.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Bestimmungen des von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrags sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher, regelmäßig nicht rechtskundiger Arbeitnehmer versteht. Aus Sicht eines solchen Arbeitnehmers lässt eine Vertragsgestaltung wie die im Arbeitsvertrag der Parteien nicht erkennen, dass dem Verweis auf den Manteltarifvertrag und der Vereinbarung einer Probezeit eine Bedeutung für Kündigungsfristen zukommt. Nach Wortlaut und Systematik des Vertrags ist vielmehr allein die Bestimmung einer sechswöchigen Kündigungsfrist maßgeblich. Diese Frist gilt auch für Kündigungen in der vereinbarten Probezeit.

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 -

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. Oktober 2015 - 7 Sa 495/15

Quellenangabe: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.03.2017