Pressemitteilung Nr. 28/19

Heimarbeit - Verdienstsicherung und Urlaubsabgeltung

 Ein Heimarbeiter kann nach Maßgabe des Heimarbeitsgesetzes (HAG) eine Sicherung seines Entgelts für die Dauer der Kündigungsfrist sowie Urlaubsabgeltung nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verlangen.

Der Kläger erbrachte für die Beklagte regelmäßig Leistungen als selbstständiger Bauingenieur/Programmierer in Heimarbeit. Nachdem die Beklagte beschlossen hatte, ihr Unternehmen aufzulösen und zu liquidieren, wies sie dem Kläger seit Dezember 2013 keine Projekte mehr zu. Das Heimarbeitsverhältnis endete durch Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 30. April 2016. Für diesen Zeitraum hat der Kläger von der Beklagten verlangt, ihm Vergütung iHv. 171.970,00 Euro brutto zu zahlen sowie 72 Werktage Urlaub iHv. 15.584,94 Euro brutto abzugelten.

Die Vorinstanzen haben der Klage teilweise stattgegeben. Soweit die Klage abgewiesen wurde, verlangt der Kläger mit der Revision die Zahlung weiterer 130.460,00 Euro brutto wegen Nichtausgabe von Heimarbeit sowie Urlaubs-abgeltung für das Jahr 2014 iHv. 4.091,71 Euro brutto sowie iHv. 5.194,83 Euro brutto für das Jahr 2015. Die Revision vor dem Neunten Senat des Bundes-arbeitsgerichts hatte nur hinsichtlich der begehrten Urlaubsabgeltung Erfolg.

Neben dem Entgelt, das die Beklagte für die Dauer der fiktiven Kündigungsfrist, während der sie keine Heimarbeit ausgab, schuldete, kann der Kläger keine weitere Vergütung verlangen. Ein Anspruch unter den Gesichtspunkten des Annahme-verzugs oder Schadensersatzes besteht nicht. Es fehlt an einer besonderen Absprache der Parteien, dem Kläger Projekte in einem bestimmten Umfang zuzuweisen. Heimarbeiter haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Ausgabe einer bestimmten Arbeitsmenge. Da sie aber regelmäßig auf Aufträge angewiesen sind, sehen die Bestimmungen des Heimarbeitsgesetzes zum Kündigungsschutz eine Entgeltsicherung vor. Kündigt der Auftraggeber das Heimarbeitsverhältnis, kann der Heimarbeiter gemäß § 29 Abs. 7 HAG für die Dauer der Kündigungsfrist Fortzahlung des Entgelts beanspruchen, das er im Durchschnitt der letzten 24 Wochen vor der Kündigung durch Heimarbeit erzielt hat. § 29 Abs. 8 HAG sichert das Entgelt, wenn der Auftraggeber nicht kündigt, jedoch die Arbeitsmenge, die er mindestens ein Jahr regelmäßig an einen Heimarbeiter ausgegeben hat, um mindestens ein Viertel verringert. Die Entgeltsicherung nach § 29 Abs. 7 und Abs. 8 HAG steht dem Heimarbeiter jedoch nur alternativ zu.

Die Höhe der bei Beendigung des Heimarbeitsverhältnisses geschuldeten Urlaubsabgeltung ist nach § 12 Nr. 1 BUrlG auf der Grundlage des Entgelts des Heimarbeiters in der Zeit vom 1. Mai des vergangenen bis zum 30. April des laufenden Jahres zu ermitteln. Für den Urlaub aus dem Jahr 2014 ist deshalb im Streitfall auf das Entgelt abzustellen, das der Kläger in der Zeit vom 1. Mai 2013 bis zum 30. April 2014 erzielt hat. Die hierfür erforderlichen Tatsachen wird das Landesarbeitsgericht nach der insoweit erfolgten Zurückverweisung der Sache aufzuklären haben. Für das Jahr 2015 steht dem Kläger Urlaubsabgeltung iHv. 1.103,12 Euro brutto zu.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. August 2019 - 9 AZR 41/19 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 15. November 2018
- 6 Sa 1225/17 - 

Quellenanagabe: Pressemitteilung Nr. 28/19 des Bundesarbeitsgerichts vom 10.08.2019

Arbeitsrecht News

  • Gewährung einer Gratifikation auf Grund betrieblicher Übung trotz Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag

     Das Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.12.2010, 10 AZR 671/09, hat der Klage eines Arbeitgebers auf Weihnachtsgeld im Arbeitsrecht entsprochen, da der im Arbeitsvertrag vom Arbeitgeber gestellte Freiwilligkeitsvorbehalt der Entstehung des Anspruchs auf Zahlung von Weihnachtsgeld für die Zukunft nicht ausgeschlossen hat.

    In dem vom Gericht zu entscheidenden Fall, zahlte der Arbeitgeber seit 1996 jeweils jährlich ein zusätzliches Monatsgehalt im November als Weihnachtsgeld, wobei in den Gehaltsabrechnungen der Jahre 2005-2007 die Zahlung ohne Vorbehalt (-svermerk) als Weihnachtsgeld an den klagenden Arbeitnehmer erfolgte. Die Zahlung für das Jahr 2008 verweigerte der Arbeitgeber gegenüber dem Kläger und den anderen Arbeitnehmern unter Hinweis auf die Wirtschaftskrise.

    Im vom Arbeitgeber gestellten Arbeitsvertrag unter Ziff. 6 hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer schriftlich folgendes vereinbart:

    „Ziffer 6 Gratifikation : Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikation gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar“

    Zwar kann der Arbeitgeber das Entstehen der betrieblichen Übung durch einen so genannten Freiwilligkeitsvorbehalt verhindern, jedoch muss dieser (die dahingehende Regelung) unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass dem Arbeitgeber der Verpflichtungswille fehlt und er daher im Ergebnis an der Zahlung der Gratifikation für die Zukunft nicht gebunden sein will. Die Regelung zur Zahlung der Gratifikation im Arbeitsvertrag und deren Regelung zum Freiwilligkeitsvorbehalt im konkreten Fall („erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung“), ist weder unmissverständlich, noch im konkreten Fall wirksam,da die Klausel lediglich den Hinweis enthält, dass die Gratifikationen nicht durch Gesetz oder Tarifvertrag vorgeschriebene Leistungen umfasse und deren Zahlung freiwillig erfolge. Eine etwaige Regelung dazu, ob auch bei wiederholter Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft bestehen soll, enthält die Klausel hingegen nicht, was jedoch erforderlich wäre, um im Arbeitsrecht ein Rechtsanspruch für die Zukunft auf Zahlung des streitgegenständlichen Weihnachtsgeldes auszuschließen. Die Klausel ist zudem auch unklar und missverständlich, da sie in S. 2 eine Widerrufsmöglichkeit („Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar“) vorsieht. Weitergehende Informationen zum Gratifikationsanspruch und zu diesen Urteil, können Sie über nachfolgenden Link erfahren "Gratifikationsanspruch ?"

    Sollten Sie im Streit mit Ihrem Vertragspartner wegen Ansprüchen aus einem Arbeitsvertrag sein, sollte eine Beratung bei einem Anwalt im Arbeitsrecht in Anspruch genommen werden. Als Rechtsanwalt in Oranienburg berate und vertrete ich Sie im Arbeitsrecht, sei es außergerichtlich, aber auch vor Gericht.