Abfindungsvereinbarungen und Abfindungsanspruch im Arbeitsrecht

Sehr häufig wird die Frage gestellt, ob und wann überhaupt eine Abfindung bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses im Arbeitsrecht gezahlt werden muß.

Unter Abfindungen versteht man im Allgemeinen eine Entschädigungsleistung für den Wegfall des Arbeitsplatzes an einen Arbeitnehmer. In der Praxis werden häufig Abfindungen im Rahmen einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsvertrages durch einen Aufhebungsvertrag gezahlt. Abfindungen können aber auch bei gerichtlichen Verfahren über eine Kündigung gezahlt werden.

In folgenden Fällen hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung:

a) Die Vertragsparteien vereinbaren die Zahlung einer Abfindung explizit in einem Auflösungsvertrag (= Aufhebungsvertrag). Der Anspruch für die Abfindung besteht hierbei in der vertraglichen Vereinbarung der Zahlung einer Abfindungsleistung. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß ein Aufhebungsvertrag auch ohne die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Abfindung abgeschlossen werden kann, was häufig der Fall ist, wenn beispielsweise der Arbeitnehmer wegen eines anderen für ihn günstigeren Stellenangebots kurzfristig eine Vertragsauflösung begehrt.

b) Der Arbeitgeber, welcher die unstreitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses begehrt, erklärt sich als Gegenleistung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich bereit, eine Abfindung zu zahlen.

c) Wenn ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung die Zahlung einer Abfindung für bestimmte Fälle vorsieht.

d) Wenn ein bestehender Sozialplan oder ein Nachteilsausgleich im Rahmen der Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes die Zahlung einer Abfindungsleistung vorsieht.

e) Wenn in dem Unternehmen eine betriebliche Übung darin besteht, daß ausscheidenden Arbeitnehmern grundsätzlich eine Abfindung gezahlt wird, so daß man sich letztendlich auf dieses "Gewohnheitsrecht" berufen kann.

f) Der Arbeitgeber wird zur Zahlung einer Abfindung vom Arbeitsgericht nach den Regelungen im Kündigungsschutzgesetz verurteilt (§§ 9, 10 KSchG). Eine Verurteilung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Abfindung ist möglich, soweit folgende Voraussetzungen gegeben sind:

Der Arbeitnehmer muß in demselben Betrieb oder Unternehmen, welches mehr als 5 Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 30 Stunden hat, ohne Unterbrechung länger als 6 Monate gearbeitet haben. Liegen diese Voraussetzungen vor, kann der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach dem Zugang der Kündigung Klage erheben, um feststellen zu lassen, daß die Kündigung sozial ungerechtfertigt bzw. unwirksam ist. In diesem Zusammenhang ist es verständlich, daß zwischen den Vertragsparteien Streit besteht, welcher i.d.R. eine weitere Zusammenarbeit unerträglich macht, so daß das Gericht im Arbeitsschutzprozeß auf Antrag einer Partei das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung auflöst. Voraussetzung hierfür ist, daß:

aa) Durch das Arbeitsgericht festgestellt wird, daß die ordentliche Kündigung sozialwidrig oder die außerordentliche Kündigung unwirksam ist.

bb) Eine Partei (Arbeitnehmer oder Arbeitgeber) einen Auflösungsantrag gestellt hat, welcher bis zum Schluß in der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gestellt werden kann.

cc) Wenn der Arbeitnehmer die Auflösung begehrt, beweist, daß ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist.

dd) Oder wenn der Arbeitgeber die Auflösung begehrt, beweist, daß Gründe vorliegen, die keine den Betriebszwecken mehr dienliche weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer erwarten lassen.

Für die Höhe der Abfindung wird oftmals die von den Gerichten genutzte Faustformel (0,5 bis 1 Brutto-Monatsverdienst pro Beschäftigungsjahr) zugrunde gelegt, wobei die Höchstgrenze der so berechneten Abfindung vom Lebensalter und den Jahren des Bestehens des Arbeitsverhältnisses abhängt bzw. u.a. abhängig gemacht werden kann.

Auf Grund der vielschichtigen Probleme die mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses auftreten können, sollte, insbesondere zur Vermeidung von gerichtlichen Streitigkeiten, eine rechtliche Beratung bei einem Rechtsanwalt in Anspruch genommen werden. Als Rechtsanwalt in Oranienburg vertrete ich sie im Arbeitsrecht, sei es außergerichtlich, aber auch bei Streitigkeiten im Arbeitsrecht vor Gericht.

BAG News mit Bezug zur Kündigung von der Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts

Pressemitteilung Nr. 48/17

 

Unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers aufgrund einer Verlängerung seiner Kündigungsfrist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Wird die gesetzliche Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erheblich verlängert, kann darin auch dann eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben im Sinn von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegen, wenn die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber in gleicher Weise verlängert wird.

Die klagende Arbeitgeberin beschäftigte den beklagten Arbeitnehmer in ihrer Leipziger Niederlassung seit Dezember 2009 als Speditionskaufmann in einer 45-Stunden-Woche gegen eine Vergütung von 1.400,00 Euro brutto. Im Juni 2012 unterzeichneten die Parteien eine Zusatzvereinbarung. Sie sah vor, dass sich die gesetzliche Kündigungsfrist für beide Seiten auf drei Jahre zum Monatsende verlängerte, und hob das monatliche Bruttogehalt auf 2.400,00 Euro an, ab einem monatlichen Reinerlös von 20.000,00 Euro auf 2.800,00 Euro. Das Entgelt sollte bis zum 30. Mai 2015 nicht erhöht werden und bei einer späteren Neufestsetzung wieder mindestens zwei Jahre unverändert bleiben. Nachdem ein Kollege des Beklagten festgestellt hatte, dass auf den Computern der Niederlassung im Hintergrund das zur Überwachung des Arbeitsverhaltens geeignete Programm „PC Agent“ installiert war, kündigten der Beklagte und weitere fünf Arbeitnehmer am 27. Dezember 2014 ihre Arbeitsverhältnisse zum 31. Januar 2015. Die Klägerin will festgestellt wissen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten bis zum 31. Dezember 2017 fortbesteht.

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Verlängerung der Kündigungsfrist benachteiligt den Beklagten im Einzelfall entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Sie ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Bei einer vom Arbeitgeber vorformulierten Kündigungsfrist, die die Grenzen des § 622 Abs. 6 BGB und des § 15 Abs. 4 TzBfG einhält, aber wesentlich länger ist als die gesetzliche Regelfrist des § 622 Abs. 1 BGB, ist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Beachtung von Art. 12 Abs. 1 GG zu prüfen, ob die verlängerte Frist eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit darstellt. Das Landesarbeitsgericht hat hier ohne Rechtsfehler eine solche unausgewogene Gestaltung trotz der beiderseitigen Verlängerung der Kündigungsfrist bejaht. Der Nachteil für den Beklagten wurde nicht durch die vorgesehene Gehaltserhöhung aufgewogen, zumal die Zusatzvereinbarung das Vergütungsniveau langfristig einfror.

 Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 26. Oktober 2017 - 6 AZR 158/16 -

Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil vom 19. Januar 2016 - 3 Sa 406/15 - 

Quellenanagabe: Pressemitteilung Nr. 48/17 des Bundesarbeitsgerichts vom 26.10.2017